Wonnemonat Mai

Wonnemonat Mai

Neben dem Dezember ist der Mai wohl einer der brauchreichsten Monate. Beginnend mit dem ersten Mai über die Eisheiligen bis zu christlichen Feiertagen wie Christi Himmelfahrt, Pfingsten oder Fronleichnam, die je nachdem wie Ostern fällt (erster Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling), im Mai oder Juni sein können.

Fest- und Feiertage und die Bräuche, die damit verbunden sind, strukturieren unser Leben. Sie stammen meist aus der bäuerlichen Lebenswelt oder sind mit dem christlichen Kirchenjahr verwoben. Auch wenn die moderne Lebensweise – mit elektrischem Licht, vollautomatisierten Heizungen und der ganzjährigen Verfügbarkeit heimischer und exotischer Früchte und Gemüsesorten – weit weg von einem Leben mit den Jahreszeiten und der natürlichen Vegetation ist, so halten wir doch meist an den alten Strukturen der Bräuche fest. Oder würde es Ihnen einfallen, Weihnachten im Sommer zu feiern oder Ostern im Herbst?

Kirchliche und heidnische Bräuche

 Der Mai beginnt bereits mit aufregenden Bräuchen. Die Nacht zum 1. Mai nennt man auch die „Walpurgisnacht“. Eine Unruhenacht, in der angeblich die Hexen fliegen und allerlei Unfug getrieben wird. Dazu gehört auch das Stehlen des Maibaums – rein rechtlich ist das aber Diebstahl. Mehr dazu finden Sie hier.

 Der „Maistrich“ oder „Maisteig“ wird in der Nacht vor dem 1. Mai gezogen und heimliche Liebespaare so durch das Ziehen einer auffälligen weißen Linie auf den Straßen zwischen ihren Wohnstätten bloßgestellt.

 Der 1. Mai als Tag der Arbeit wird seit 1890 gefeiert und ist seit 1919 ein Feiertag in Österreich. Er war als sozialistischer Feiertag mit seinen Aufmärschen ein Gegenpol zu der kirchlichen Prozession zu Fronleichnam gedacht.

Der Maibaum ist ein „Überlebender“ aus der Familie der Festbäume, die früher auch bei einem Kirtag, als Hüterbaum oder Sonnwendbaum üblich waren (Helga Maria Wolf). Leopold Schmidt (1912-1981) berichtet, dass bereits um 1230 ein Maibaum im Babenbergerhof in Wien aufgestellt wurde. Die Maibäume werden heute nur noch selten händisch aufgestellt (St. Valentin, Eibenstein/Gmünd, Oberarnsdorf, Krems-Stein), meist erledigt das ein Kran. Die Feste rund um das Maibaum-Aufstellen sind beliebte Einnahmequelle für Vereine oder Organisationen, die so ihre wertvolle ehrenamtliche Tätigkeit finanzieren können.

 Das Maibaum-Aufstellen ist dieses Jahr auch wieder Teil des großen Volkskulturfestivals aufhOHRchen – diesmal in St. Valentin. Seit 1999 – seitdem aufhOHRchen erstmals in St. Valentin zu Gast war – stellt die Volkstanzgruppe St. Valentin jährlich den Maibaum auf und umtanzt ihn dann mit dem großen Bandltanz.

Müttermonat Mai

Die Kirche machte den Mai schließlich zum „Marienmonat“ – nicht zuletzt um ihrerseits den heidnischen Bräuchen etwas entgegensetzen zu können – und so entstanden die beliebten Maiandachten. Dabei handelt es sich um einen Wortgottesdienst, der an einem blumengeschmückten, oft eigens aufgestellten Marienaltar gefeiert wird. Die erste von den Kamillianern durchgeführte Maiandacht fand 1784 in Ferrara statt. Im 19. Jahrhundert setzten sie sich weltweit durch. Maria als Mutter Gottes gilt als Fürsprecherin, zu der man mit seinen Bitten und Wünschen kommen darf. 

Der Mai ist also auch der Monat der Mütter – am zweiten Sonntag im Mai wird Muttertag gefeiert. Er hat sich Anfang des 20. Jahrhunderts, beginnend in den Vereinigten Staaten, in der westlichen Welt etabliert. Als Begründerin gilt Anna Marie Jarvis aus West-Virginia, die für ihre verstorbene Mutter 1907 einen „Memorial Mothers Day Meeting“ organisierte. In Österreich wurde der Muttertag 1924 landesweit eingeführt. Marianne Hainisch (1839-1936), die Mutter des ersten Bundespräsidenten der Republik Michael Hainisch, engagierte sich für die Einführung des Muttertags. Er sorgt seither für gute Geschäfte in Blumen- und Süßigkeitsläden und für ausgebuchte Restaurants.

Der Wonnemonat Mai wird auch gerne für den Hochzeitstermin gewählt. Vom Heiratsmann über das Reis- und Brautstrauß-Werfen bis zum „Kranzlowasinga“ – mit Hochzeiten sind so viele Bräuche verbunden, dass es den Rahmen des Blogs sprengen würde.

Gefährliche Eisheilige

Vor allem die wärmer werdenden Temperaturen sprechen für ein Hochzeitsfest im Mai. Doch es kann im Mai auch noch empfindlich kalt werden. Mitte Mai sind noch einige wichtige bäuerliche Lostage, die für die Ernte gefährlich werden können, die sogenannten Eisheiligen: Pankratius (12. Mai), Servatius (13. Mai), Bonifatius (14. Mai) und die kalte Sophie (15. Mai). Eine Reihe von Bauernregeln befassen sich mit diesen Terminen:

„Wenn´s an Pankratius gefriert, wird im Garten viel ruiniert!
„Wer seine Schafe schert vor Servaz, dem ist die Wolle lieber als das Schaf!“
„Kein Reif nach Servaz, kein Schnee nach Bonifaz!“

„Vor Nachtfrost bist du sicher nicht, bevor Sophie vorüber ist.“

„Pankrazi, Servazi, Bonifazi sind drei frostige Bazi, und zum Schluss fehlt nie die kalte Sophie.“

 

 

Quellen:

Leopold Schmidt, Volkskunde von Niederösterreich, Bd. 2, Horn 1972

Helga Maria Wolf, Das neue Brauchbuch, Wien 2000

Helga Maria Wolf, Österreichische Feste und Bräuche im Jahreskreis, St. Pölten 2003

Helga Maria Wolf, Verschwundene Bräuche, Wien 2015