Die Gravögl

(c)Markus Marouschek

Die Gravögl – von aufhOHRchen auf die internationale Bühne

Am Samstag, den 15. Juni um 19.30 Uhr werden bei SEEyou @ aufhOHRchen in Neumarkt an der Ybbs junge österreichische Volksmusik-Gruppen zu sehen sein. Eine von ihnen: Die Mostviertler Formation Gravögl! Aber wer sind die vier Musiker aus Lilienfeld und was zeichnet ihre Musik aus?

„Gravögl“ das sind Gerald Schaffhauser – Bass, Gesang, Richard Längauer – E-Gitarre, Johannes Forstreiter –  Schlagzeug, Harmonium und natürlich Band-Gründer, Texter, Gitarrist und Lead-Sänger Thomas Gravogl, der die Musikrichtung seiner Gruppe als Mostviertler Mundart Folk bezeichnet. Auf der Website heißt es dazu: „Da schallt es erdig durch den Nebel des Überflusses. Da wird Sprache bewahrt. Da trifft Schwermut auf Hoffnungsschimmer und man hat gemeinsam Spaß. Stimmen die ineinanderfließen, Gitarren, die malerisch in dunklen Zeiten schwelgen und Rhythmus, der sich an all das schmiegt, anstatt zu zähmen.“

(c)Markus Marouschek

 

Der Aufstieg der Gravögl ist fulminant. Im Sturm eroberte die Mostviertler Folkband kürzlich das bis zum letzten Platz gefüllte Event-Lokal Chelsea in Wien, im ausverkauften St. Pöltner Cinema Paradiso sorgten sie ebenso für Begeisterung und diesen Monat steht ein Auftritt in Deutschland an. Ein wichtiger Faktor sind regionale Veranstaltungen, die als Impulsgeber zur Vernetzung mit anderen Musikerinnen und Musikern eine große Rolle spielen. Das Niederösterreichische Volksmusikfestival „aufhOHRchen“, das seit drei Jahrzehnten große Namen in die Regionen holt, machte 2016 auch in der Heimat von Thomas Gravogl Station, wo er zum ersten Mal Kontakt mit der Volkskultur Niederösterreich hatte.

Im selben Jahr startete er das Projekt Gravögl mit zwei seiner heutigen Bandkollegen, mit denen er zu dieser Zeit noch in einer anderen Formation tätig war. Dort wurde in einer großen Besetzung Blues und Funk gespielt und schnell entstand das Bedürfnis: „Eine kleinere, unkompliziertere Besetzung zu finden und auf das Storytelling in den Texten zu fokussieren.“, so Gravogl. „Da hab´ ich mir Verstärkung aus der großen Besetzung mitgenommen und etwas Eigenes entwickelt“. Die Geburtsstunde der „Gravögl“.

Texte, nah an der Seele

Das Debütalbum „In da Finstan“ begeisterte nicht nur Musikerkollege Ernst Molden. Der beschreibt die Gravögl als: „Vier Zauberer aus dem bergigen Süden Niederösterreichs, dort, wo sich Pielach- und Traisental durch sonnabgewandte Hügel immer höher in die waldigen Ostalpen schlängeln, in Richtung der Madonna von Mariazell und des mächtigen Ötschers. Wie diese wilde Gegend ausschaut, so klingen die Gravögl-Songs in ihrer weit zurückgelehnten Virtuosität. Es sind Outlawbergballaden, Lieder, wie sie überall möglich sind, wenn auch überall nur ganz selten, und, yeah, halt auch in den Wäldern hinter Lilienfeld.“

Wolfgang Atzenhofer vom Kurier widmete dem aktuellen Album „Immer is irgendwos“ einen eigenen Artikel und beschreibt Thomas Gravogls einfühlsame Texte als „herzhafte Folksmusik“, die zum Denken anrege, aber immer auch Optimismus vermittele. „Die Musik der Gravögl stimuliert die Seele und Stimmung ihrer Zuhörer“,so Atzenhofer.

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Aber wie entstehen Texte und Musik, und gibt es da eine Wechselwirkung? Für Thomas Gravogl ist der Schreibprozess immer unterschiedlich, manchmal passierten Text und Musik gleichzeitig, oft gäbe es aber eine Textidee, die dann „über die Gitarrenspur finalisiert wird.“. Kongenial zeigt sich diese Symbiose aus Lied und Text auch beim Gravögl-Song „In da Finstan“, der mit scharfem Blick auf das Leben am Land das Portrait einer jungen, gescheiterten Existenz zeichnet, ohne dabei wertend zu werden. Wenn es im Refrain heißt „Der ders aushoit g´winnt“, setzt der Song den Protagonisten in Relation zum Zuhörer, der im selben Boot sitzt. „Das war mir sehr wichtig.“, sagt Gravogl, „Klarzumachen, dass sich keiner seine Probleme ausgesucht hat und, dass es jedem passieren kann.“

Die niederösterreichische Mundart ist für Thomas Gravogl dabei die beste, weil zugänglichste Ausdrucksform. Bei einem Songwriting-Workshop der AKM hat er seine „Stimme“ als Musiker gefunden. „Weil sich herauskristallisiert hat, dass Mundart der Stil ist, der mir als Künstler am nächsten ist. Wenn ich nur ohne nachzudenken schreibe, ohne, dass ich auf etwas abziele, dann ist Mundart immer das, was ich spüre, die Sprache, der man sich im Alltag bedient.“

Ornithologie als Hobby

Das feine Gespür für den Menschen zeichnet die Musik der Gravögl ebenso aus, wie ein Bewusstsein für die Natur, das sich durch das Oeuvre der Band zieht. Nicht ohne Grund, denn Thomas Gravogl ist studierter Wildtierökologe und passend zum Namen der Gruppierung beschäftigen sich alle vier Bandmitglieder mit Ornithologie – der Vogelbeobachtung. Diesem Hobby widmen sie sich auch auf Tour. „Egal wie stressig es ist, eine Vogelbeobachtungsrunde geht sich meistens aus!“, schmunzelt Thomas Gravogl. Seine musikalischen Vorbilder sind international. In seiner Kindheit und Jugend war er von klassischen, amerikanischen Folkhelden beeinflusst – von Bob Dylan und Neil Young bis Nirvana. Als er dann mit Mitte 20 begonnen hat, sich ernsthaft mit heimischen Gruppen zu befassen, kamen Ernst Molden, Georg Danzer und „Der Nino aus Wien“ dazu.

Aber wie sieht das bei der Musik mit dem akademischen Hintergrund aus? Sind die Gravögl Autodidakten oder studierte Musiker? Beides, meint Thomas Gravogl, die anderen drei Bandmitglieder haben alle am Konservatorium studiert – nur der Lead-Sänger selbst ist Autodidakt.  Mit 14 habe er zwar ein halbes Jahr Gitarre gelernt, sich dann aber „learning by doing“ alles weitere selbst beigebracht. Heute steht er mit seiner Gitarre auf der Bühne und meistert das Instrument ebenso wie seine klassisch ausgebildeten Bandkollegen.

Jugend am Land als Inspirationsquelle

Wichtige Inspiration der Gravögl-Nummern ist immer auch das ländliche Umfeld der vier Musiker, die allesamt im Mostviertel aufgewachsen sind. Thomas Gravogl beschreibt die Zeit am Land als die wichtigste Phase in seiner Kindheit und Jugend. „Weil man dort stärkeren Kontakt mit unterschiedlichen Menschen hat und nicht so in der „Bubble“ gefangen ist, wie es einem in der großen Stadt passieren kann.“ Ernsthaft mit der Musik angefangen hat Thomas Gravogl in einer Schulband im  Gymnasium in Lilienfeld. „Ich bin zum Glück zu einer Zeit aufgewachsen, in der am Land einfach viele Bands gerade aktiv waren, in der es viele Möglichkeiten gegeben hat aufzutreten, immer war irgendwo eine Veranstaltung oder ein Festl.“ In der heutigen Zeit sei das deutlich schwerer geworden. „Streaming und Co. haben da schon vieles verändert.“, meint Gravogl. „Die Gasthäuser, die diese Seele gehabt haben, gibt es leider nicht mehr alle bzw. werden sie nicht mehr so von der Jugend frequentiert, wie damals.“ Umso wichtiger seien regionale Initiativen wie aufhOHRchen, die das Gemeinsame fördern.

In Gravogls Jugend habe es diese Dynamik auch in den Schulen gegeben. „So gut wie jede Klasse hatte einen, der in einer Band gespielt hat.“ So sei es leicht gewesen, Gleichgesinnte zu finden und sich gegenseitig zu helfen, das sei in der Musik wichtig. Diesen Zugang hat Thomas Gravogl auch später als Erwachsener beibehalten und so Förderer wie Ernst Molden kennengelernt. „Ich bin konkret auf ihn zugegangen und hab ihm eine Platte gegeben, die hat ihm zum Glück extrem gut gefallen.“, so Gravogl.  Die Medienmanufaktur Wien hat die Band dann beim Booking unterstützt, was für junge Musiker wichtig ist, denn: „Alleine ist es schwer eine Präsenz zu haben und in die Breite zu kommen.“

Mit Freude in die Zukunft

Den stets präsenten Optimismus, den man selbst in den nachdenklicheren Liedern der Gravögl findet, strahlte Thomas Gravogl auch im Finale unseres Interviews aus, denn trotz der kritischen Sicht auf die geringere Zahl an Gaststätten und Musikfesten in seiner Heimatregion, blickt Thomas Gravogl positiv in die Zukunft. „Ich habe das Gefühl, dass das eine Wellenbewegung ist und sich hier gerade wieder viel in eine neue Richtung tut.“ Junge Gruppen aus Österreich würden ein neues Selbstbewusstsein zeigen, in ihrer eigenen Sprache zu singen und bekämen so vermehrt Aufmerksamkeit. Regionale Initiativen spielen hier eine Schlüsselrolle. Dementsprechend groß ist bei Thomas Gravogl die Vorfreude auf seinen Auftritt bei aufhOHRchen 2024, wo die Gravögl am Samstag den 15. Juni um 19.30 Uhr bei SEEyou @ aufhOHRchen in Neumarkt an der Ybbs auf der Seebühne spielen werden. Wer den Auftritt nicht verpassen möchte, kann sich hier über das Festival informieren.