Brummen willkommen

Die besonderen Instrumente der Bordunmusik

Teil 1: Der Bock

Haben Sie schon einmal auf einem Bock gespielt? Wissen Sie, was ein Hümmelchen ist? Wenn Sie eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten können, dann sind Sie schon mittendrin in der Welt der Bordunmusik. „Bordun“ steht für Brummer. Der Begriff stammt aus dem Mittelalter und beschreibt den tiefen Dauerton eines Musikstückes, über dem eine Melodie liegt. Diese Musikform und die dazugehörigen Instrumente gibt es auf der ganzen Welt: in Australien das Didgeridoo, in Japan die Shô, in Indien die Mashak, in Russland das Gudok. Bereits in österreichischen Notenhandschriften aus dem 18. und 19. Jh. findet man zahlreiche Melodien mit Borduncharakter.

(c) VKNÖ

Der Drehleierspieler „Nazbauer“ aus Josefsberg bei Mariazell und der Dudelsackspieler und Nachtwächter Josef Hicki aus St. Ruprecht an der Raab (Oststeiermark) hielten Texte für die Nachwelt fest, die sich von Österreich aus über ganz Europa verbreiteten und zur Entstehung und Weiterentwicklung verschiedenster Instrumente führten. In unserem heutigen Artikel dreht sich alles um den Bock, einen der beliebtesten Vertreter dieser Instrumentenform.

Der „Bock“ ist ein Dudelsack aus Rinderhorn mit einem Pfeifenstock, der häufig die Gestalt eines Ziegenkopfes besitzt – wahrscheinlich das namensgebende Element. Mit Aufschlagzungen betrieben, klingen Bordun- und Melodiepfeife in unverwechselbarer Symbiose. Woher der Bock kommt, ist gar nicht so leicht zu sagen. Er entwickelte sich wahrscheinlich im Raum des heutigen Polens und wurde erstmals im Musiktheoriewerk Syntagma Musicum (1619) von Michael Praetorius abgebildet. Im Laufe des 17. Jahrhunderts entpuppten sich die deutschen Fürstenhöfe als „Bock-Fans“ und machten ihn zum Mainstream-Instrument bei Festen und Jagden. Auch in Frankreich war er schnell „en vogue“. Vom einfachen Schäferinstrument legte er so einen Aufstieg zum Must-have des europäischen Adels hin. Leopold Mozart schrieb in seiner „Bauernhochzeit“ einen Part für die Bockspfeife, der Stuttgarter Hofmusiker Georg Weissmann widmete ihr sogar eine ganze Pastorelle. (Foto: Volkskultur NÖ)

(c) Christian Thiele

Aber wie alle Trends war auch dieser vergänglich und gegen die sich 1850 etablierenden Blasmusiken konnte selbst der Dudelsack nur schwer bestehen. So verschwand der Bock wie alle Dudelsackformen immer mehr im Schatten „modernerer“ Instrumente. Als schließlich eine innovative, neue Erfindung namens Akkordeon die Höfe des europäischen Adels eroberte, war es endgültig vorbei mit der „Bock-Mania“. Im 20.Jahrhundert sollte sich das schlagartig ändern, denn in den frühen 1980er-Jahren feierte der Dudelsack ein Comeback , das schließlich auf den Rest Europas überschwappte. Mitte der 90er Jahre entstand in Deutschland mit In Extremo eine Mittelalter-Rockband, die historische Dudelsäcke mit Rockgitarren kombinierte und so einen einzigartigen Sound kreierte, der um die Welt ging. Durch den Einsatz akkurater, historischer Borduninstrumente trugen In Extremo diese besondere Instrumentenform auf die Bühnen der Welt hinaus und zählen heute mit über 1,5 Millionen verkauften Tonträgern zur kommerziell erfolgreichsten Formation im Bereich des Mittelalter-Rocks. Neben dem Dudelsack ist auch die historische Drehleier Teil des Band-Repertoires. Der historischen Bedeutung der Drehleier sowie ihrer modernen Nutzung werden wir uns im nächsten Teil unserer Reihe zum Thema Borduninstrumente widmen.