Weisenblasen

(c)zVg Alfred Luger

Weisenblasen

Weise und Jodler werden in der Musikpraxis vielfältig eingesetzt, von musikalischer Berieselung bis zum Gänsehaut-Moment vermögen sie die Menschen auf unterschiedlichen Ebenen zu berühren. In einer stimmigen Umgebung wie auf einer Alm, in einer Kirche oder an einem See sind sie ein besonderes Erlebnis. Aber was ist eigentlich Weisenblasen?  Generell ist Fachliteratur zum Thema spärlich gesät, obwohl das Weisenblasen in den vergangenen Dekaden zum festen Bestandteil der Volksmusik geworden ist. Das Weisenblasen wird der Blasmusik zugeordnet, grenzt sich aber dadurch ab, dass das Spiel nach Noten in den Hintergrund tritt und das spontane Musizieren im Vordergrund steht. Damit setzt das Weisenblasen keinen komplexen Erfahrungsschatz voraus und verbindet so Musikerinnen und Musiker jeden Alters. Abstrakt zusammengefasst ist es eine blasmusikalische Form in kleinen Gruppen. Bei den Blechbläsern ist bei der Weisenblasen-Besetzung von zwei Flügelhörnern aufwärts einiges möglich. Musikalisch sind die zu spielenden Noten auch für weniger geübte Musikerinnen und Musiker machbar. Wenn zu hoch, dann werden die Noten tiefer geschrieben. Der Spontanität sind dadurch keine Grenzen gesetzt, auch bei Zeltfesten kann das Weisenblasen für Stimmung sorgen, die spontane Freude an der Musik steht im Zentrum. Deshalb war das Weisenblasen lange bei vielen Kapellmeistern verpönt. Man befürchtete, dass die Musikantinnen und Musikanten beim Auswendigblasen das Spiel nach Noten verlernen könnten. Dabei gibt es viele Meinungen, die eher in die Richtung gehen, dass das spontane Spiel in kleinen Gruppen die Routine fördert und zu Qualitätsverbesserung auch des Kapellenspiels beiträgt.

Robert Schwärzer aus Südtirol wird in Lunz als Referent dabei sein. (Bildmitte), (c) zVg Alfred Luger

Weisenblasen in der Volksmusikforschung

Hermann Härtel, Musiker, Lehrbeauftragter, Autor und Volksmusikforscher aus der Steiermark hat 1997 über das Weisenblasen geschrieben: „Die einzelnen Weisenbläser-Gruppen, deren Mitspielerinnen und Mitspieler oftmals stark wechseln, haben oft – aber nicht immer – ihre Heimat in der örtlichen Blasmusik, zuweilen auch in der Tanzmusik. Es ist also damit auch ein Heraustreten aus einer größeren Formation verbunden, wobei hier das freie Blasen ohne Noten eine Art Ventil und Ausbrechen aus dem Korsett der strengen Formation darstellt. Gute Weisenbläser bringen ihre Lieder so, als ob sie gesungen würden.“

Die breite mediale Bekanntheit des heutigen Weisenblasens lässt sich auf die erste Hälfte der siebziger Jahre zurückführen. Damals begann mit dem Bereich Volkslied und Volksmusik auch das Weisenblasen in der Öffentlichkeit Beachtung und Akzeptanz zu finden. Dies lässt sich zu großen Teilen auch auf die Verdienste des Komponisten, Musikers und Volksmusikforscher Prof. Peter Moser aus Tirol zurückführen. Er befasste sich sein Leben lang intensiv mit dem Weisenblasen, war lange Zeit als Spartenleiter für Volks- und Blasmusik im ORF Landesstudio in Tirol tätig und gilt als Erfinder der Sendung „Mei liabste Weis“. Mit den Alpbacher Bläsern übt er seine große Leidenschaft, das Weisenblasen, bis heute aus.

Vor seiner Präsentation der Materie in den Medien war das heimische Weisenblasen meist dadurch gekennzeichnet, dass es ausschließlich unter freiem Himmel und ohne besonderen Anlass spontan stattfand. Die Zahl der Blasmusikanten, die es ausübten, war überschaubar und Notenmaterial fehlte ebenso wie Tonträger. „Weisenblasen“ war keine eigene volksmusikalische Kategorie, vielerorts nicht einmal ein fester Begriff. Bis Mitte der siebziger Jahre sollte es hier zu wesentlichen Änderungen kommen. Weisenblasen wurde nun mit konkreten Anlässen verbunden, die Weisenbläser gingen auch „unter Dach“, es bildeten sich die ersten Weisenbläsergruppen und bald brachte der Verlag Helbling auch die ersten Notenhefte für Weisenbläser heraus. Weisenbläser wurden im Hörfunk und später auch im Fernsehen gebracht und ihre Bilder erschienen in Zeitungen und Zeitschriften. Das heutige alpenländische Weisenblasen wird mittlerweile in ganz Österreich, in Südtirol und in Oberbayern geschätzt und örtlich praktiziert.

Stefan Neussl aus dem Zillertal hat sich intensiv dem Weisenblasen verschrieben.(c) level26 mediendesign

Musiker und Pädagoge Stefan Neussl aus dem Zillertal beschreibt die Grundvoraussetzungen für ein stimmiges Musizieren als Weisenbläser, vom Flügelhornduo bis zum vierstimmigen Bläsersatz, wie folgt: „guter Ansatz, solide Tonbildung und Tonkultur, sichere und präzise Ansprache, Intonations-Sicherheit, und – als wichtigstes Element – das „Gespür“ füreinander. Gemeinsames phrasieren und atmen – möglichst nahe am Vorbild des Volksliedes, das gerade geblasen wird – sind Ausdruck dieses Miteinanders und lassen dann eine Weis’ wie „aus einem Guss“ klingen.“

Weisenblasen in Niederösterreich

Eine der wenigen umfassenden wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema findet sich im südlichen Niederösterreich. Brigitte Ehold aus dem Bezirk Neunkirchen widmet sich dabei der Darstellung der Entwicklungen und Musizierpraktiken in den letzten 100 Jahren im Bezirk Neunkirchen, zu dem auch das Schneeberggebiet gehört.

Dabei geht sie den unterschiedlichen Anlässen des „Spiels in kleinsten Besetzungen“ nach. Die Neunkirchner Untersuchung grenzt das historische „Spiel in kleinen Gruppen“ vom „Weisenblasen“ insofern ab, als „ersteres fast nie auf das tadierte Volksmusikgut zurückgreift.“ Hingegen zählt zu den Merkmalen des heutigen alpenländischen Weisenblasens, dass es vorwiegend bis ausschließlich volksmusikalische Tradition und damit eng verwandtes Musikgut wie geistliche Lieder umfasst.

Sucht man nach den Ursprüngen des Weisenblasens in Niederösterreich stößt man auf den Begriff des „Echoblasens“. Bereits 1980 wurde in mehreren Orten des Schneeberggebiets regelmäßig das Echoblasen praktiziert, das dem Repertoire nach als eine Vorstufte des Weisenblasens im heutigen Sinne gesehen werden kann. Niederösterreich ist bis heute Austragungsort zahlreicher Wettbewerbe zum Echo- bzw. Weisenblasen. Eine wichtige Rolle spielte dabei immer auch die Region Lunz am See.  Eine aktuelle Veranstaltung zum Thema ist das vom Musikverein Lunz initiierte „Aufgs’püt am See“ vom 24.-25. August.  Das Programm umfasst ein Echo- und Weisenblasen am Samstag auf der Seebühne und ein Tanzlmusitreffen im Strandbad. Der Sonntag beginnt mit einem Gottesdienst mit einem anschließenden Volksmusiktreffen.

Echo- und Weisenblasen in Lunz am See hat Tradition. (c) zVg Alfred Luger

Die Volkskultur Niederösterreich unterstützt den Musikverein mit einem Weisenblasen- und Tanzlmusikseminar, welches bereits am Freitagnachmittag beginnt und am Samstag mit dem Konzert auf der Seebühne endet.

Top Referenten aus den Bundesländern stehen für Interessierte Einzelmusikerinnen und Musiker und Volksmusikgruppen mit all ihrem Wissen und Erfahrung bereit. Anmeldungen sind online noch hier möglich.

 

Quellanangaben

Hermann Härtel

Quelle: https://hermannhaertel.eu/1997/09/10/einige-anmerkungen-zum-begriff-weisenblasen/

Willi Sauberer

Bräuche im Salzburger Land

Quelle: https://www.brauch.at/folge02/ch04s14.html

https://www.brauch.at/folge02/ch04s14.html

Stefan Neussl

Quelle: https://www.weisenblaeser.at/weisenblaeser/

Brigitte Ehold

Quelle: Weisenblasen im Bezirk Neunkirchen. Dipl.arb. Wien 1991. Dipl.arb. Wien 1991.