Lieder und Weisen

Chronologie des Weihnachtsgeschehens

Liturgischer Adventkranz. Foto: Volkskultur Niederösterreich mit Liedern und Weisen zum Weihnachtsfestkreis.

Das Weihnachtsfest wird heute von sehr  vielen Menschen und Familien gefeiert, auch von Angehörigen nicht christlicher Konfessionen und Menschen ohne Glaubensbekenntnis.

Dennoch, es ist jedenfalls ein religiöses Fest.

Christinnen und Christen feiern die Geburt Jesu in der Heiligen Nacht, bei uns in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember. Die Vorfreude darauf ist so groß, das Geschehen selbst der Höhepunkt und die Zeit danach legendenumwoben. Kein Wunder, dass der Weihnachtsfestkreis mit entsprechenden Liedern und Weisen sowie Bräuchen aufwartet.

Die persönliche Zeitrechnung beginnt für jede und jeden von uns in den erinnerlichen Kindertagen. Bei meinen Großeltern stand der Christbaum bis zum 2. Februar, Maria Lichtmeß, in der Stube.

Dann erst war die Weihnachtszeit vorbei. Begonnen hatte die Weihnachtszeit mit dem ersten Adventsonntag, keinesfalls früher. An den vier Adventsonntagen gingen wir regelmäßig in die Rorate, am Nachmittag traf man sich zur Adventjause und zum Lieder-Singen – mittendrin der Adventkranz.

Singen freut „Klein und Groß“, Foto: Volkskultur Niederösterreich

Damals wusste ich natürlich nicht, dass der Weihnachtsfestkreis so viele Stationen hat und dass es zu jeder Station zahlreiche Lieder gibt. Die Volksliedarchive der Bundesländer sind voll davon.

Mehrere tausend Melodien und Texte sind überliefert. Im Verhältnis dazu sind nur wenige in das allgemeine Bewusstsein gelangt. Eine Umfrage aus Mitte 2010 ergab, dass bei uns in Niederösterreich ca. 20 Weihnachtslieder allgemein bekannt sind – was aber noch nicht heißt, dass diese auch mit allen Strophen gesungen werden können.

Zu den bekanntesten Weihnachtsliedern zählen „Stille Nacht, heilige Nacht“, „Leise rieselt der Schnee“, „O Tannenbaum“, „Jingle Bells“ und „Feliz Navidad“. Kein Wunder, mit diesen Melodien beschallen viele Märkte und Kaufhäuser ihre Verkaufsflächen.

Aber nun zur Chronologie des Weihnachtsgeschehens vom Advent bis Dreikönig und Maria Lichtmeß: Adventlieder handeln vom Herankommen bzw. Hinkommen (abgeleitet vom lateinischen advenire).

Die Verkündigung. Quelle: Stich aus einer Exlibris-Sammlung (pixabay).

Den Grundgedanken liefert das „rorate coeli“, das „Tauet Himmel den Gerechten“. Inhaltlich wird das Warten der Menschheit auf den im Alten Testament von den Propheten verheißenen Heiland und Erlöser Jesus Christus beschrieben. Es folgen die Lieder zur Verkündigung.

Sie sind meist im Dialog überliefert: Der Erzengel Gabriel überbringt Maria die Botschaft Gottes. In der dritten Strophe des Verkündigungsliedes aus dem St. Pöltner Krippenspiel heißt es: „Ich bin ja ein Engel, verkündige dir die Freud, denn du sollst empfangen und tragen ein´ Sohn, …“.

Die Lieder zur Herbergsuche erlauben immer wieder den angebrachten Bezug zur Gegenwart. Zu jeder Zeit sind Menschen auf der Flucht, verstoßen und verdrängt.

Auch damals, vor mehr als 2000 Jahren wurden Maria und Josef „vor die Türe gesetzt“. Das Lukas Evangelium (2,7) berichtet: „Und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ Haupttyp dieser Liedgattung ist das Dialoglied zwischen dem Herbergswirt und Josef und Maria „Wer klopfet an? O zwei gar arme Leut´!“

Die Bitte um Quartier wird vom Herbergswirt erbarmungslos mit folgenden Worten abgeschmettert: „Nein, es kann einmal nicht sein, nun geht nur fort, ihr kommt nicht rein!“.

Autograph „Stille Nacht Heilige Nacht“, sechs Strophen. © Stille Nacht Museum Hallein | Stille Nacht Archiv

Das weltweit gesungene Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ beschreibt die Geburt Christi in Bethlehem. Es stammt aus Österreich. Der Priester Josef Mohr verfasste es 1818 gemeinsam mit dem Lehrer und Musiker Franz Xaver Gruber für die Christmette in Oberndorf bei Salzburg.

Verdrängt wurden damit lateinische Gesänge wie zum Beispiel das „Puer natus in Bethlehem – ein Kind geborn zu Bethlehem“, Lieder, die sich variantenreich bis ins Mittelalter nachweisen lassen.

Oder: „Es ist ein Ros´ (Reis´) entsprungen, aus einer Wurzel zart“, das bereits David Gregor Corner im Jahr 1631 in seinem Liederbuch mitgeteilt hat und das heute zum Repertoire vieler Chöre gehört.

Die Kunde von der Christi Geburt verbreitete sich wie ein Lauffeuer und sie führt thematisch zu den Hirtenliedern. Sie bilden den größten Bestand innerhalb des gesamten Liederschatzes. Speziell im 19. Jahrhundert waren in unseren Breiten Hirten- und Krippenspiele beliebt: Es geht um den Versuch, das Geschehen von Betlehem den Menschen am Land zu übersetzen und in ihre Lebenswelt einzubetten.

Die Erzählung hält sich inhaltlich an die Berichte der Evangelien. Den Hirten am Felde verkündet der Engel die Frohbotschaft von der Geburt des Retters. So heißt es im Lukas Evangelium (2,12) „Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt.“ Sprachlich sind die Hirtenlieder im Dialekt überliefert.

Aus Hollenstein an der Ybbs ist folgendes überliefert: „Was soll denn dås bedeuten, dass heut´ um Mitternåcht – die Sturmglocken läuten, håt der Engel die Botschåft bråcht. Messias soll geboren sein, der kummt vom Paradeis, a Jungfrau soll sei Muatter sein, dås war amål wås Neu´s“. Thematisch nahe und nicht selten überschneidend schließen die Krippenlieder an.

Bekannt ist das Krippenlied „Ihr Kinderlein kommet, o kommet doch all´, zur Krippe herkommet, in Betlehems Stall, und seht, was in dieser hochheiligen Nacht, der Vater im Himmel für Freude uns macht“. In einer weiteren Strophe heißt es: „ … die redlichen Hirten knien betend davor, …“. Der Text wurde 1808 vom deutschen Priester und Pädagogen Christoph von Schmid verfasst. Die Melodie geht auf Johann Abraham Peter Schulz, 1794, zurück.

Durch den neueren Brauch der „Adventsingen“ haben sich landauf, landab zwei Wiegenlieder weit verbreiten können. Zum einen das „Es wird scho glei dumpa, es wird scho glei Nåcht, … Hei, hei, … schlåf siaß, herzliab´s Kind.“, und zum anderen das „Still, still, still, weil´s Kindlein schlafen will“.

Pyramidenkrippe aus dem Erzgebirge. Foto: Volkskultur Niederösterreichstrong> gefeiert.

Der Jahreswechsel wird, besser gesagt wurde mit Neujahrsliedern gefeiert.

In jungen Jahren waren wir von Haus zu Haus mit Freunden zum „Neujahrsgeigen“ unterwegs, um mit einem bestimmten Lied den Hausleuten ein gutes Neues Jahr zu wünschen: „Wir kommen zu Euch in großer Freud´, es kommt das Neue Jahr herbei, wir wünschen Euch alle insgesåmt, im heiligsten Herz´Jesu Nåm“.

Es folgen zahlreiche Strophen, in denen alle Familienmitglieder angesungen werden. Für die Jugend heißt es etwa: „Wås wünsch´ma den Kindern, wås is der Welt Brauch – a Freud´ zu den Eltern, a Heiratsguat drauf. A tugsåmes Leb´n und a ehrbåres G´wånd, und wånn ´s amål heiratn, viel Glück im Eh´stånd.“

Landläufig nennt man den 6. Jänner Dreikönigstag (kirchlich bezeichnet als Erscheinung des Herrn oder Epiphanias). Der neugeborene Gottessohn wird von den drei Weisen aus dem Morgenland, Caspar, Melchior und Balthasar, besucht und mit Gold, Weihrauch und Myhrre beschenkt. Das verbreitete Sternsingen hat sehr alte Wurzeln.

Dreikönigsspiele fanden schon um die erste Jahrtausendwende statt. Die Könige trugen und tragen heute noch Mäntel und Kronen, sowie einen Stern vor sich her.

Heute sammeln die Sternsinger mit Ansingeliedern – Dreikönigsliedern – und Sprüchen für Missionsprojekte. Mit Weihrauch und Kreideschrift am Türstock wird die Haussegnung besiegelt: C+M+B und die Jahreszahl – gelesen als „Christus Mansionem Benedicat“ (Christus segne dieses Haus!).
Bekannt geworden ist das Lied „Es zieh´n aus weiter Ferne, drei Könige einher.“.

Hinterglasbild aus Sandl. ©: Volkskultur Niederösterreich

Mit Maria Lichtmeß endet der Weihnachtsfestkreis. Am 2. Februar feiert die katholische Kirche das Fest der Darstellung des Herrn. 40 Tage nach Weihnachten präsentierten Maria und Josef ihren erstgeborenen vor Gott – im  Tempel von Jerusalem.

Dorli Draxler
Dezember 2024

Weihnachtsliedertelefon

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